Moloch zum Bürokratieabbau

Diskussionen über den Gesundheitsfonds bei CDU-Brennpunkt

LILIENTHAL. Der zum Jahresbeginn eingeführte Gesundheitsfonds soll für mehr Wettbewerb, weniger Kosten und für Bürokratieabbau im Gesundheitswesen sorgen. Ob das wirklich so ist, sollte eine CDU-Brennpunktveranstaltung des Ortsverbandes Mitte klären helfen.

Vom niedersächsischen Landtag waren die CDU-Abgeordneten Clemens Lammerskitten, Mitglied im Sozialausschuss, und Axel Miesner anwesend; Dirk Hoffmann vom CDU-Ortsverband Mitte moderierte. Für die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) waren die Brüder Reiner und Hans-Jürgen Sterna gekommen. Sie alle standen interessierten Besuchern Rede und Antwort. Offenbar ist Gesundheitsreform ein Thema, das unter den Nägeln brennt. Leidenschaftlich diskutierten die Gäste über den Fonds und über viele Fragen zum Gesundheitswesen: vom Zahnimplantat über die Fusion von Krankenkassen bis hin zur eigenen Verantwortung für eine gesunde Lebensweise.

Lammerskitten stellte den Gesundheitsfonds zunächst kurz vor. Als Beweggründe für den „grundlegenden Systemwechsel“ im Gesundheitssystem nannte er den demographischen Wandel, rückläufige Geburtenzahlen und den medizinischen Fortschritt. Der Politiker unterstrich eindringlich: Die Erhöhung der nunmehr einheitlichen Krankenkassenbeiträge auf 15,5 Prozent habe ihre Ursache nicht im Gesundheitsfonds. Vielmehr resultiere die Beitragssteigerung aus den im vergangenen Jahr beschlossenen Mehrausgaben für das Gesundheitswesen durch höhere Arzthonorare, gestiegene Einkommen bei Krankenhausmitarbeitern und Pflegekräften sowie höhere Arzneimittelpreise.

Der CDU-Politiker machte klar, dass er den Gesundheitsfonds für richtig und notwendig hält. Trotzdem fand er deutliche Worte der Kritik für einige Aspekte des Konstrukts. Bezüglich des geplanten Bürokratieabbaus äußerte er: „Der Gesundheitsfonds ist ein zentraler Moloch, der zu diesem Ziel nur schwer passt.“

Auch die Angst der Politiker vor der „magischen Grenze 15 Prozent“ beim Beitragssatz konnte er nicht nachvollziehen. Deshalb werde nun mit den Zuschüssen aus dem Konjunkturpakte II zum Gesundheitsfonds „das, was gerade eingeführt wurde, wieder zurückgeführt.“

Reiner Sterna stimmte dem Politiker zu. Ein Beitragssatz von 15,8 Prozent die notwendig, um alle Leistungen abzudecken. Trotzdem lobte er die Neuerungen, denn sie bringe den bisher immer vergessenen Rentnern ab dem 1. Juli eine finanzielle Entlastung. Sorgen um Leistungskürzungen im Zusammenhang mit dem Fonds zerstreute der Kassenvertreter. 95 Prozent aller Kassenleistungen seien gesetzlich geregelt: „Die müssen wir erfüllen.“

Das Wort „Wettbewerb“ fiel häufig an diesem Abend. Ist es doch ein Ziel des Gesundheitsfonds, dass die Krankenkassen künftig über Service und Leistungen und nicht mehr mittels der Beitragssätze konkurrieren. Hans-Jürgen Sterna nannte „Kundenzufriedenheit“ für die Krankenkassen als das entscheidende Kriterium.

Gemeinsam kamen die Anwesenden zu dem Schluss, dass es durch den Wettbewerb zwangsläufig zu Fusionen in diesem Bereich kommen werde. Auf Nachfrage bestätigte Reiner Sterna, dass auch Krankenkassen Insolvenz beantragen müssen, wenn sie mit ihren Geldern nicht auskommen.

„Scheindiskussionen“ waren das für Hans-Ludwig Demann. Er ärgerte sich über die permanenten Forderungen. Viel wichtiger sei, dass die Menschen gesünder lebten, meinte Demann. Damit könnten seiner Meinung nach 25 Milliarden Euro im Gesundheitswesen eingespart und für chronisch Kranke eingesetzt werden. Hans-Jürgen Sterna griff den Hinweis auf und erklärte, dass Prävention künftig ein „Wettbewerbsbaustein“ sein solle.

Der Ausblick auf die langfristige Finanzierung des Gesundheitsfonds blieb eher spekulativ. Hans-Jürgen Sterna befürchtete in diesem Zusammenhang, dass die Krankenkassen zum „Spielball der Nation“ werden könnten, da letztlich die Politik über künftige Beitragssätze entscheidet. Klar war für den Lilienthaler DAK-Leiter allerdings, dass der Fonds auch nach der nächsten Bundestagswahl weiter bestehen wird.

Artikel von Undine Zeidler aus WÜMME ZEITUNG vom 26.01.09

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